"to customize" ist der englische Begriff für das Anpassen eines Serienprodukts an die
individuellen Wünsche seines Besitzers. Die ausführende Person,
welche diese Anpassung vor nimmt, ist der "customizer". Man kann nahezu jeden Gegenstand "customizen", jedoch hat sich der
Begriff insbesondere in der Fahrzeugszene manifestiert.
Das Customizing von Motorrädern teilt sich in drei Kategorien auf.
1.) Das "Full-Customizing"
Hierbei wird unter Verwendung einiger Fertigteile (z. B. Motor, Bremse usw.) ein völlig neues Motorrad aufgebaut. Zu den in Deutschland
bekanntesten Customizer, welche das "full-customizing" betreiben gehören u. a.:
Fred Kodlin (www.kodlin.com)
Marcus Walz (www.walz-hardcore-cycles.com)
Firma "Thunderbike" (www.Thunderbike.de)
2.) Das "Semi-Customizing"
In dieser Kategorie wird ein Serienmotorrad als Basis verwandt und durch entsprechende
Umbaumaßnahmen zu einem Custombike. Diese Form des Customizing ist die älteste und wird
von Privatpersonen schon seit Jahrzehnten praktiziert. Inzwischen gibt es einige professionell arbeitende
Werkstätten die diese Form des Customizings ebenfalls betreiben und dazu gehört auch DIME
Design Customcycles.
3.) Das "Faktory-Customizing"
Bei dieser Variante werden Custombikes, in mehr oder weniger großen Stückzahlen, von einem
Herstellerwerk produziert, wobei der Ausdruck "Custombike" im Grunde für diese Maschinen nicht
mehr zutreffend ist, denn durch die - wenn auch ausgefallene - Serienproduktion, verlieren diese Bikes
im Grunde den Status, echte Custombikes zu sein.
Seit den Anfängen, in den 70er Jahren, hat sich die Custom-Szene in Deutschland stetig weiter entwickelt. Gab es zu ihrem Beginn kaum Teile (sogenannte Custom Parts) die
einen TüV-Segen besaßen, ist es Heute sehr einfach das Erscheinungsbild einer Maschine individuell zu gestalten.
Da die Auswahl der für das jeweilige Fahrzeugmodell käuflich zu erwerbenden "Customparts" jedoch relativ begrenzt ist, bleibt die Individualität zumeist
auf der Strecke. Die Folge ist, dass es zahlreiche Umbauten gibt, die sich gleichen.
Möchte man heutzutage ein wirklich außergewöhnliches Bike fahren, welches sich von den anderen Custombikes der gleichen Baureihe absetzt, muss man schon gravierendere
und zum Teil auch kostenaufwendige Umbaumaßnamen durchführen. Das simple austauschen von Blinker, Lenker, der Auspuffanlage, der Sitzbank oder eine aufwendige Lackierung,
verändert zwar das Erscheinungsbild der Maschine und macht sie zu einem Custombike aber auf Grund der begrenzten Auswahl an käuflichen Teilen sieht man die gleichen Bauteile
zumeist am selben Fahrzeugmodell immer wieder.
Mit etwas Phantasie und dem nötigen "know how" kann man nahezu alles so verändern, dass ein neuen Style bzw. eine völlig andere Linie entsteht und im optimalsten Fall
setzt sich das Bike nachher drastisch von seinem Originalmodell oder den modellgleichen Umbauten ab. Solche Custombikes besitzen dann ein eigenständiges, kaum noch mit der
Originalmaschine zu vergleichendes Erscheinungsbild.
Der Grad zwischen einem harmonischen Design und der technischer Funktionalität ist dabei oftmals sehr schmal. Je nach Fahrzeugtyp muss man schon Recht tief in die Materie der
Technik und des Designs eindringen, um so ein außergewöhnliches Bike auf die Räder zu stellen. Customizing war und ist schon immer eine Frage des Geschmacks gewesen und über
Geschmack sollte man bekanntlich nicht Streiten. Wie so oft im Leben, gilt auch beim Customizing der Grundsatz, immer die notwendige Toleranz bei der Beurteilung einer Arbeit
an den Tag zu legen und den Geschmack des anderen zu respektiert.
Im Folgenden findest du eine kleine Auswahl verschiedener Stilrichtungen.
Der "Old School Chopper" Style:
Seit dem Kult-Film "Easy Rider“ (1969) werden Motorräder im allgemeinen dann als Chopper bezeichnet, wenn sie mit einer verlängerten Vorderradgabel ausgestattet sind.
Dieser Style war ursprünglich an Rennmaschinen angelehnt - in diesem Fall an "Dragster", bei denen mittels des verlängerten Radstandes ein stabilerer Geradeauslauf
bei hohen Geschwindigkeiten erreicht wurde.
Da bei Dragster-Rennen keine Kurven zu fahren
sind, fiel die damit einher gehende Unhandlichkeit der Sportmotorräder nicht
weiter ins Gewicht. Beim Chopper hingegen wird dieses Fahrverhalten zugunsten
des erwünschten Aussehens in Kauf genommen. Zu den weiteren klassischen
Chopper-Merkmalen zählen hohe Lenker ("Buckhorn" oder auch "Apehanger"),
eine vorverlegte Fußrastenanlage und nicht zuletzt auch eine "Sissybar" (Rücklehne).
Der "Digger" Style:
Dieser Style wurde u. a. in den 70er Jahren vom legendären Customizer "Arlen Ness" geprägt. Ness begann mit seinen Umbauten 1967 in einer Garage. Heute nennt man
ihn den "König der Customizer" und er zeigt seit Jahrzehnten, dass er immer wieder für spektakuläre Umbauten gut ist.
Das Ziel beim Bau eines "Diggers" ist es, die Maschine so niedrig wie möglich zu
halten. Heute baut auch Arlen's Sohn "Corry Ness" Custombikes. Bei seinen
Kreationen verwendet er natürlich modernste Technik.
Der "Low Rider" Syle:
Das Ziel bei einem "Low Rider" ist ein möglichst flacher, lang gestreckter Look ("long 'n low"). Diese Bauweise ist noch stärker an
das Aussehen von Dragstern angelehnt. Entsprechend kommen hier, statt hohen Lenkern, flache "Drag Bars" zum Einsatz, oft auch auf nach hinten
gezogene Lenkerklemmböcke, sogenannte "Riser".
Der "Schweden-Chopper" Style:
Eine radikal-puristische Umbauvariante, bei der gern auf Anbauteile wie Scheinwerfer, Tachometer oder Vorderradbremsen verzichtet wird oder alternativ wenigstens die
zugehörigen Kabel, Wellen und Leitungen innerhalb des Lenkers oder Rahmens verlegt werden, um den schnörkellosen Anblick derjenigen Teile, die tatsächlich
eine zum Fahren unentbehrliche Funktion besitzen, möglichst wenig zu beeinträchtigen. Die Zulassung solcher Fahrzeuge zum öffentlichen Straßenverkehr wirft jedoch
in Deutschland erhebliche Probleme auf.
Der "Soft-Chopper" Style:
In den 80er Jahren sprangen auch japanische Hersteller, auf den Chopper-Zug auf. Waren bereits die harleyschen "Factory Customs" (in Kleinserie
produzierte Custombikes) den Puristen ein Dorn im Auge, so setzten diese in noch weitaus höheren Stückzahlen und vergleichsweise billigen "Japan-Chopper"
noch eins drauf. Sie wurden daher verächtlich als "Soft-Chopper" abgetan. Dabei handelte es sich zumeist um normale Straßenmotorrädern, die vom
Hersteller mit einigen choppermäßigen Anbauteilen wie höheren, nach hinten gebogenen Lenkern, vorverlegten Fußrasten, Chromteilen und teilweise serienmäßigen
Soziuslehnen "Sissybar" ausgerüstet wurden. Spätere Großserienmodelle wiesen ebenfalls die klassische V2-Motorbauweise des Vorbilds Harley-Davidson
auf und bald stimmte auch das Styling.
Die SUZUKI VS 1400 Intruder sah z. B. bei ihrer ersten Vorstellung besser aus als eine echte „Harley“ die gerade frisch vom kalifornischen Edel-Customizer gebaut war.
Der Hersteller YAMAHA brachte dann mit seiner XV 535 Virago ein mindestens ebenso authentisch gestyltes Modell auf den Markt, welches darüber hinaus äußerst erschwinglich
war und bis Heute das meistverkaufte Motorrad in Deutschland ist.
Der "Cruiser" Style:
Eine weitere Variante bildet Heute die Gattung der "Criuser", die einige klassische Chopper-Merkmale übernommen hat, jedoch Sitzposition, Bodenfreiheit
und ggf. Windschutz mehr auf den komfortablen Fahrbetrieb ausrichtet.
Häufig bringen diese Modelle auch technische Weiterentwicklungen wie leistungsstarke Motoren oder Elektronikausstattungen mit sich. Die Bauweise basiert auf breiten bis hin
zu dicken Rädern vorne und/oder hinten, einer breiten und dickrohrigen Frontgabeln, einem ebenso breit ausgelegten Lenker sowie einem großvolumigen Tank, der von einer breiten
und bequemen Sitzfläche abgeschlossen wird. Zumeist wird dieser Biketyp mit "singel seat" (nur einem Fahrersitz) angeboten.
Der "Bobber" Style:
Der Begriff Bobber bezieht sich auf den „bob“, einem kleinen Außenschwung am unteren Ende des Vorderradschutzblechs an alten "Harley-Davidson"
Modellen. Neben dem Motortuning war eine der ersten Modifizierungen, die ein Harley-Schrauber in den 40ern und 50ern vornahm, wenn er sein Fahrzeug leichter
und damit schneller machen wollte, das originale Vorderradschutzblech nach hinten gedreht über dem Hinterrad zu montieren. Das ursprüngliche
Hinterradschutzblech wurde weggelassen, das Vorderrad lief ohne Schutzblech. Solche Fahrzeuge hatten am Heck den „bob“ und hießen deshalb
Bobber. Die
Modifizierungen erfolgten ursprünglich, um einerseits das Gewicht zu reduzieren und so die Fahrleistungen zu verbessern. Andererseits sollte das oft als schwerfällig
oder schwülstig empfundene Aussehen verbessert werden. Es war die erste Anlehnung von Straßenmotorrädern an typisch amerikanische Rennmaschinen - in
diesem Fall Boardtrack-Racer und Hillclimber. Diese Motorräder wurden auch als Bobchops bezeichnet und der Vorgang, aus einem Motorrad einen solchen Bobber zu
machen, heißt umgangssprachlich „Bob Job“.
Der "Bagger" Style:
Bagger besitzen eine Frontverkleidung sowie abnehmbare Koffer. Der Bagger-Aufbau wurde bereits in den 80er Jahren von einigen Motorrad- herstellern in der
Serienproduktion angeboten. Modellreihen wie die Harley-Davidson "Electra Glide" oder die HONDA "Goldwing-Interstate" standen für den
"Bagger Style" Pate. In der Serienaufmachung wirken diese Maschinen klobig und breit. Als Custombike wirken sie graziöser, sportlicher und ähneln
einem Dragster, der auf Reise gehen will. Die Customizer verbauen auf ihren Maschinen schlanke Verkleidungen sowie schmale, oft nur 10 - 15 Liter fassende
Koffer. Um die Linie zu unterstreichen, formt man beim "Bagger Style" die Koffer genau so wie den Heckfender.
Der "Streetfighter" Style:
Als Streetfighter bezeichnet man ein besonders umgebautes Motorrad, sowie auch dessen Fahrer. Beide haben heutzutage meist ein martialisches, aggressives
Erscheinungsbild. Die Ursprünge liegen im Großbritannien der späten 1980er Jahre, wo gestürzte Supersportler-Fahrer dazu übergingen ihre defekten
Vollverkleidungen nicht zu reparieren, sondern stattdessen komplett vom Motorrad zu entfernen. Ebenso verhielt es sich auch mit kaputten Sitzbänken/Heckverkleidungen
und/oder Stummel-Lenkern welche durch Gebrauchtteile (auch anderer Fabrikate) oder Zubehörteile kostengünstig ersetzt wurden. Der Name Streetfighter wurde
seinerzeit wahrscheinlich zuerst vom englischen Custombike-Magazin Back Street Heroes benutzt und dann von der Zeitschrift Streetfighters aufgegriffen, die den
Namen international bekannt machte und die Szene dadurch stark prägte.
Kennzeichnend für deutsche Streetfigter sind ein verkürztes, meist steil nach oben gerichtetes Heck („Höcker“) ohne Sozius-Sitzplatz (wird auch als „Teutonenstyle“
bezeichnet) sowie das Entfernen etwa vorhandener Vollverkleidungen in Verbindung mit meist breiten Lenkstangen statt der bei Sportmotorrädern üblichen
Stummel-Lenker. Als Basis werden in der Regel immer noch so genannte Sportler oder Supersportler genutzt. Oft verwendet man Fahrzeuge mit reparablen Unfallschäden, manchmal
aber auch Neufahrzeuge, bei denen die intakte Verkleidung für den Umbau entfernt wird. Ziel der heutigen Streetfighter-Szene ist es, ein individuelles Motorrad aus
verschiedensten Teilen zu bauen und zu fahren.
Das "Factory Customizing" (Custombikes in Serie produzieren)
Die Firma Harley-Davidson lehnte zunächst radikale Umbauten ab und das nicht zuletzt, weil diese Motorradgattung damals mit kriminellen und gewaltbereiten Rockergangs in
Verbindung gebracht wurde. Als jedoch das Chopper-Design in den 70er und 80er Jahren im Mainstream (Englisch für "der Hauptstrom", welcher einen kulturellen
Geschmack einer großen Mehrheit wiederspiegelt) Einzug hielt und die Nachfrage ständig stieg, begann auch die HD-Company Stilmerkmale der Chopper in einige Serienmodelle
einfließen zu lassen.
Ab 1984 imitierte man z. B. mit der "Softail“ Hinterradfederung das Aussehen eines ungefederten Starrrahmens und ab 1988 bot man gar die seit 1948 durch die
"Teleskopgabel" abgelöste sogenannte "Springergabel", eine Vorderradführung mit geschobener Kurzschwinge, wieder an.
Der in diesem Zusammenhang von Harley-Davidson geprägte Begriff "Factory Customizing" stellte im Grunde einen Widerspruch in sich dar. Neben dem
angestrebten Design war das "ursprüngliche“ Chopper Konzept ja auch wesentlich von dem Gedanken geprägt, das einheitliche Aussehen eines Großserienmodells
zu verändern und so das eigene Motorrad individuell zu gestalten.
Ein weiteres Beispiel für das "Factory Customizing" zeigt seit einigen Jahren auch der viertgrößte Motorradhersteller Chinas, die LIFENG Group. Dieses Unternehmen
ging eine Kooperation mit dem kanadischen Customizer "Johnny Pag" ein und baut kleinmotorisierte Custombikes mit 125, 250 und 350 ccm in Serie.
Das rechts abgebildete Modell "Dragtail 125" besitzt serienmäßig einen Softtail-Rahmen, eine lange Gabel, einen 35 mm dicken Dragbar-Lenker, vorverlegte Fußrasten,
einen Tropfentank mit Dashboard, einen 160er Hinterreifen, ein 21 Zoll Vorderrad, Doppelscheibenbremsen vorne, Stahlflexleitungen u. v. m..
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